Archiv für Dienstag, 23. Februar 2010

So fresh and so cleancleanclean..

Posted in Allgemein on Dienstag, 23. Februar 2010 by badana

So ist das also. Das nennt sich also Wirklichkeit. Ein Montag oder Dienstag oder irgendein Wochentag und ich, im hellen Neonlicht der Küche, wasche Tomaten und denke: Holy shit, das wär also mein Leben ohne Exzess, ohne Rausch, ohne Flucht, ohne Luftschlösser – das wär also die bittere Wahrheit, der ich seit Jahren zu entfliehen versuche. Das bin also ich minus alles, was schadet. Das ist also mein Ich – wie in diesen Werbungen für Orange – mit mildem Lächeln und Kleidern in sanften Grautönen – oder mein Ich aus so Joghurtwerbungen, welche die Verdauung anregen. Grau-en-haft.

Und plötzlich befällt mich eine ungeheure Angst, dass ich kein Sand mehr im Getriebe bin, sondern kaltgepresstes Bio-Olivenöl, dass mich der Alltag blank geschliffen hat wie eine Glasscherbe im Meer, dass ich mich und all meine hehren Ideale verraten und an das bisschen Bequemlichkeit verkauft habe, das man mit sehr viel Selbttäuschung Glück nennt. Würde ich fortan Dinge sagen wie „ja, der Film war so läss, diese verschiedenen Tiere, da kann man sich total gut reinfühlen in sie“ oder „nein Danke, das ist nun schon mein zweites Panache und ich spürs schon, hihi“ oder „ja, give it a try, wir vögeln ja sowieso schon zusammen, weshalb nicht gleich ne kleine family gründen“?

Langsam richtig panisch beginne ich nun also alle Küchenschränke nach Alkohol abzusuchen. Ich könnte mich treten, da ich gestern – bewaffnet mit guten Vorsätzen und einem Schuss Idiotie – gewissenhaft alle Spirituosen und Drogen entsorgt habe. Sogar mein Kifferschächteli ist krümel- und staubbefreit, damit ich in einem schwachen Moment wie diesem nicht in Versuchung geraten würde. Auf dem Küchentisch vor mir stapeln sich Früchte und Putzmittel und lachen mich hämisch aus. Alles um mich herum beginnt sich zu drehen, mein Atem geht schneller und die Küchenkacheln flitzen an mir vorbei – ich muss mich sofort setzen, keuchend betrachte ich den blitzblanken Linoleumfussboden und wische mir den kalten Schweiss von der Stirn. Da fällt mir unsere Notfallapotheke ein und all das schöne Temesta und Ponstan und der Hustensirup mit Alkohol – und ich bin gerettet und danke Gott.

Den Rest des Abends höre ich „Trouble Every Day“ von den Tindersticks und fühle mein Herz dumpf in der Brust schlagen, während ich auf dem Bett liege und davon träume, gross und berühmt zu sein.