Archiv für Oktober, 2010

Serienjunkie

Posted in Allgemein on Dienstag, 12. Oktober 2010 by badana

Wenn ich eine Auszeit nehmen will von allem, die Gedanken ausschalten will, für eine Weile, dann stopf ich mir mein Gehirn voll mit Serien. In solchen Momenten soll mir nur jemand mit hochstehender Literatur oder Arthouse-Filmen kommen – da werd ich zum Tier. In einer Folge von Dr. House betäubt sich ein Genie mit Hardcore-Hustensaft („Robo-Trip“), um nicht immer nachdenken zu müssen und seine Ehefrau lieben zu können, die dumm wie Brot ist: Free yourself from yourself – meine Rede.

Bei mir funktioniert das prima mit Serien, die schnell geschnitten sind und einen hohen – zwar eigentlich bedeutungslosen – Informationsgehalt haben. Natürlich nützt mir das Wissen über Grenzwissenschaften nichts (Fringe) – denn ich habe weder übersinnliche Fähigkeiten, noch wurde in meiner unmittelbaren Umgebung ein Anschlag mit biologischen Waffen ausgeübt, den gerade ich aufzudecken hätte.  Aber he, wer träumt denn nicht davon, beim FBI zu sein, immer schwarze Anzüge zu tragen, eine schöne Pistole sein eigen zu wissen und jede Folge die Welt vor dem Untergang retten zu müssen?

Auch nützt mir mein ganzes pseudomedizinisches Wissen nichts (Grey’s Anatomy, Private Practice und wie gesagt: Dr. House), das bei mir meist nur dazu führt, dass ich mir meine gewöhnlichen Bauchschmerzen als seltene Autoimmunkrankheit diagnostiziere und mir meine eigene Beerdigung auszumalen beginne und mir dabei vorstelle, wie alle, die ich kenne, ganz heftig weinen müssen, bis ich dann vor lauter Vorstellungskraft und Selbstmitleid tatsächlich zu heulen beginne, bis ich einen Schluckauf kriege. Das mit dem Ausmalen des eigenen Todes war schon als Kind so bei mir. Auch das mit dem Schluckauf übrigens.

Und all die anderen Serien sollen hier unerwähnt bleiben. Nicht, weil sie schlechter sind – oder besser, sondern weil es schrecklich anstrengend wäre, einen Text zu schreiben, in welchem ich die kleinen filmischen Appetithäppchen so „spontan“ wie bis anhin einbauen könnte. Schliesslich darf ja ein Blogeintrag meiner Willkür unterworfen sein und zu jedem Augenblick zählt vor allem die eine Wahrheit:

Ich darf machen, was ich will.

At the Bottom of the Sea

Posted in Allgemein on Montag, 11. Oktober 2010 by badana

Selber schuld, würde meine Mutter sagen. Lerne in der Wirklichkeit zu leben, würde sie wahrscheinlich klugscheissern. Flieh nicht vor dir und vor dem Alltag, würde sie auf ein hellrosarotes T-Shirt drucken lassen und es mir zum Geburtstag schenken. Sei stark und bemitleide dich nicht selbst, würde sie an meine Zimmerwand malen.

Dann würde mein Vater kommen und sagen: Nutze den Schmerz und schreibe ein Buch darüber. Kein intelligenter Mensch kann glücklich sein auf dieser Welt. Das Leiden ist der Nektar des Dichters, würde er meinen, dabei mit gerunzelter Stirn rauchend in die Weite blicken und dann wieder seinen düsteren Blick auf mich richten. Was hat dieser berühmte russische Dichter einst gesagt, bevor er sich umbrachte: Haltet die Welt an und lasst mich aussteigen.

Doch auch das stimmt nicht ganz. Nichts stimmt ganz in diesen Augenblicken, wenn man zerstört im Bett liegt und sich nicht regen kann, das Telefon immer wieder klingeln lässt und altes Brot isst, da es sonst nichts anderes hat. Man kann jetzt gerade weder stark sein noch ein Buch schreiben. Man kann sich nicht mal in Arme fallen lassen, denn man schämt sich zu sehr und will keine Bürde sein. Man kann einfach gar nichts dazu sagen. Man harrt daher einfach aus und wartet auf den neuen Tag, auf einen neuen Morgen, auf etwas Hoffnung und die Gewissheit, dass die Worte, die im Kopf Achterbahn fahren, nicht wahr sind, dass sie nicht wahr sind:

Auf dieser Welt sind wir alle allein, alle allein.