Bis ich ganz satt bin

In Wellen, in Wellen, alles kommt in Wellen. Ich möchte mich für einen Moment vergessen, die Tage, die hinter mir liegen und auch die Nächte, die noch auf mich warten. Gerade fällt es mir schwer, mir vorzustellen, dass da ein Sommer kommen wird. Mit lauen Abenden in einer fremden Stadt. Ich nehme mir vor, in meinem Zimmer nur zu schlafen und es kurz nach dem Aufwachen hinter mir zu lassen und erst heimzukehren, wenn das Kissen mich ruft. Ich denke daran, dass ich dich nie wieder sehen werde. Vielleicht warst du nur ein flüchtiger Traum und ich bin nun aufgewacht und muss dieses Zimmer verlassen und raus, raus in dieses milde Klima, wo Berge und Meere auf mich warten, wo mir alles zu Füssen liegt. Sicher wird es schwierig sein, am Anfang. Sicher werde ich alles anschauen mit grossen Augen und mich fragen, wie ich mir im Verlauf meines noch nicht allzu langen Lebens abhanden gekommen bin. Ich bin das verschollene Kind im Supermarkt, das nie wieder auftaucht. Ich bin die fehlende linke Socke, die von der Waschmaschine verschluckt wurde. Ich bin die Träume, die ich hatte, als ich noch klein war.

Da. Nun ist der Gedanke schon wieder vorbei und ich sitze in diesem Zimmer, das ich nicht verlassen kann, das an mir klebt wie eine zweite Haut. Abgerückt ist die Ferne mit ihrem Versprechen eines neuen Ichs. So will ich nun meine Trauer hier löffeln, bis nichts mehr da ist von ihr. Bis ich ganz satt bin in mir drin, nichts mehr nach Leere schreit. Ich brauche endlich Ruhe von allem, auch vom Nichts, nur für einen kleinen Augenblick. Nur für einen Atemzug und einen zweiten.

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Caitlin Hurd: Somewhere Else.

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